Wie EON und RWE gegen Verbraucher:innen und Klimaschutz lobbyieren

Wie EON und RWE gegen Verbraucher:innen und Klimaschutz lobbyieren

Ende November machten zwei Nachrichten in Energie-Fachmedien die Runde, die von der allgemeinen Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wurden, aber erhebliche Auswirkungen für sehr viele Menschen haben können. Zum ersten hat E.ON im Rahmen einer Aktionärsveranstaltung angekündigt, gegen die Festlegung der Eigenkapitalverzinsungssätze durch die Bundesnetzagentur zu klagen. Das berichtet der energate messenger. Die Höhe dieser Sätze hat direkte Auswirkungen auf die Höhe der Netzentgelte, die wir alle als Stromkund:innen zahlen.

Die Bundesnetzagentur hatte aufgrund der generell niedrigen Zinsen in den letzten Jahren eine Senkung dieser Quoten entschieden. Schließlich wird bei geringen Zinsen in der Gesamtwirtschaft auch die Refinanzierung von Infrastrukturvorhaben, wie dem Betrieb und Ausbau der Strom- und Gasnetze, günstiger. Die Kosten dafür werden in einem Monopolgeschäft wie dem Netzbetrieb nun einmal von allen angeschlossenen Verbraucher:innen getragen – dass die Bundesnetzagentur also bei diesem Festlegungsprozess auch die Kund:innenperspektive berücksichtigt, ist nicht nur verständlich, sondern gehört zu ihren Aufgaben.

E.ON hat schon während der Vorbereitungen zu dieser Entscheidung immer wieder auf höhere Werte gedrängt. Die Bundesnetzagentur hat dann auch keineswegs eine Entscheidung getroffen, die komplett auf Linie etwa der Verbraucherschützer:innen lag, sondern Eigenkapitalverzinsungssätze festgelegt, die zwischen den höheren Forderungen der Netzbetreiber und den noch stärker kostensenkenderen Vorschlägen von Verbraucherorganisationen liegen. Diese Entscheidung will E.ON nun gerichtlich angreifen – ein höchst fragwürdiges Vorgehen, denn die Aufsichtsbehörde hat ihre Entscheidung nach langem Abwägungsprozess und der Anhörung verschiedener Stakeholder in ausgewogener Weise getroffen. Für Störgefühle sorgt zudem, dass E.ON-Vorstand Leonhard Birnbaum auf der oben genannten Veranstaltung den Investoren stark steigende Erträge insbesondere im Netzgeschäft in Aussicht gestellt hatte. Zusammengefasst: Um höhere Dividenden zu erzielen klagt E.ON dafür, dass alle Energieverbraucher:innen mehr für die Nutzung der Netze zahlen, die der Konzern als staatlich abgesichertes Monopol betreibt.

Aber nicht nur E.ON, sondern mit RWE auch der zweite Spieler aus dem Deal, mit dem sich die Konzerne den Energiemarkt untereinander aufgeteilt haben, will in diesen Tagen Eigeninteressen auf Kosten der Allgemeinheit vorantreiben: So fordert RWE-Finanzvorstand Michael Müller im Tagesspiegel Background Gaskraftwerke in die EU-Taxonomie aufzunehmen. Wieder ein komplizierter Hintergrund: Mit der Taxonomie will die EU-Kommission eine Klassifikation für nachhaltige Technologien schaffen. Investments in die aufgenommenen Wirtschaftszweige können dann als besonders sinnvoll vermarktet und auch einfacher staatlich gefördert werden. Für viele Bereiche ist relativ unstrittig, ob diese nun „grün“ klassifiziert werden können (bspw. Wind- und Solarenergie) oder eben nicht (wie Kohle oder Erdölinfrastrukturen). Streit gibt es vor allem um die Atomenergie und Erdgas, also nicht unbedingt klassische grüne Energieanwendungen.

Michael Müller spricht sich klar dafür aus, Erdgaskraftwerke mit aufzunehmen. Nun ist unstrittig, dass es für eine Übergangszeit auch noch Erdgas in der Verstromung braucht und mittelfristig Gasturbinen mit synthetischen Brennstoffen aus Ökostrom die Erzeugung aus Wind und Sonne absichern. Keineswegs unstrittig ist aber, ob und warum Erdgas als reiner Übergangsbrennstoff als nachhaltig taxonomiert werden sollte. Schließlich ist Erdgas weiterhin ein fossiler Energieträger, der die Klimakrise anheizt und der entsprechend so wenig wie möglich genutzt werden sollte. Und die Nicht-Aufnahme in die Taxonomie heißt natürlich auch nicht, dass Gaskraftwerke nicht gebaut oder sogar nicht gefördert werden dürften, es wäre lediglich schwerer und könnte nicht in bester Greenwashing-Manier einfach als nachhaltige Technologie verkauft werden. Müller spricht sich in seinem Gastbeitrag nicht einmal nur generell für die Aufnahme von Erdgaskraftwerken in die Taxonomie aus, er wendet sich ganz konkret gegen einen Vorschlag von Frankreich zu dieser Regulierung, der sogar schon eine Aufnahme von Erdgasnutzung vorsieht – aber nur in gewissen Grenzen. Schon diese Einschränkungen sind RWE also ein Dorn im Auge und sie treten hier für eine möglichst weitgehende Einordnung eines klimaschädlichen Energieträgers als nachhaltig ein.

Auch in diesen Fällen zeigt sich wieder einmal das schon oft zu beobachtende Muster der beiden Dealpartner: RWE und E.ON setzen ihr eigenes Interesse und das ihrer Aktionär:innen über das Wohl von Verbraucher:innen, Umwelt und einer nachhaltigen Wirtschaft.