Bundeskartellamt – Marktmachtbericht 2020

Bundeskartellamt – Marktmachtbericht 2020

Kurz vor dem Jahreswechsel hat das Bundeskartellamt seinen Bericht „Wettbewerbsverhältnisse in Bereich der Erzeugung elektrischer Energie“  (Marktmachtbericht) für das vergangene Jahr, bzw. den Untersuchungszeitraum 1. Oktober 2019 bis 30. September 2020, veröffentlicht. Im Bericht für das Jahr 2019 hatte das Bundeskartellamt bereits ankündigt, dass „die Marktmachtverhältnisse in dieser Zeit der strukturellen Umbrüche in der deutschen Stromerzeugung regelmäßig und in einem geringeren als dem gesetzlich vorgesehenen Zweijahres-Rhythmus zu prüfen“ sind. Im zweiten Jahr in Folge publizierte die höchste deutsche Wettbewerbsbehörde somit ihren Bericht im Abstand von nur 12 Monaten. Wir haben die Kernaussagen des knapp über 50-seitigen Dokuments kurz zusammengefasst.

Die Analysen für den diesjährigen Bericht bestätigen den letztjährigen Befund

Allein RWE ist weiterhin in einem erheblichen Teil der Zeit für die Deckung der Nachfrage unverzichtbar, dies jedoch „noch nicht in einem die Annahme der Marktbeherrschung rechtfertigenden Umfang.“ Allerdings gilt laut dem Bericht nach wie vor, dass sich eine „marktbeherrschende Stellung von RWE bereits bei einer vergleichsweise geringfügigen weiteren Verknappung der Marktverhältnisse ergeben könnte. Die Entwicklung der Marktmachtverhältnisse bedarf daher vor dem Hintergrund des bevorstehenden endgültigen Atomausstiegs und des bereits angelaufenen Kohleausstiegs weiterhin der genauen Beobachtung.“

Während der allgemeine Stromerzeugungsmarkt trotz einzelner sehr großer Player dem Bundeskartellamt ausreichend liquide erscheint, konstatiert die Behörde im Bereich der Regelenergie – die quasi als Sicherungsmechanismus fungiert, wenn Erzeugung und Verbrauch kurzfristig nicht genau übereinstimmen – eine erhebliche Marktverzerrung. Ursache ist hier vor allem die Einführung des Regelarbeitsmarktes zum 1. November 2020, welcher eine tiefgreifende Änderung des Marktdesigns darstellte. Die ersten dem Bundeskartellamt vorliegenden Daten zu den sich in dem neuen Marktumfeld einstellenden Wettbewerbsverhältnissen deuten auf eine vergleichsweise geringe Liquidität des Marktes und potentiell erhebliche Preissetzungsspielräume einzelner Akteure insbesondere bei der positiven Sekundärregelung hin, die sich möglicherweise auch bereits in vereinzelt sehr hohen Ausgleichsenergiepreisen niedergeschlagen haben könnten. Es gibt nur wenige große konventionelle Stromerzeuger, die solche Marktverzerrungen verursachen bzw. für sich nutzen können – eine genaue Benennung der zugrundeliegenden Ursachen bzw. Akteure konnten aber weder der Marktmachtbericht noch die bisher dazu durchgeführten Analysen der Bundesnetzagentur leisten.

Angerissen wurde zudem die erste Ausschreibungsrunde für Steinkohlekraftwerke, deren Ergebnisse Ende 2020 bekanntgegeben wurden. Hier haben auch Kraftwerkskapazitäten des führenden Stromerzeugungsunternehmens RWE Zuschläge erhalten. Die hiermit verbundenen Veränderungen der Marktmachtverhältnisse auf dem Stromerstabsatzmarkt sollten zeitnah untersucht werden. Daher erwägt das Bundeskartellamt, den nächsten Marktmachtbericht bereits im Jahr 2021 und damit erneut früher als nach der gesetzlichen Zweijahresfrist zu veröffentlichen.

Keine Entspannung in nächster Zeit

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, fasst die Lage hinsichtlich RWE folgend zusammen: „Der in 2020 begonnene Kohleausstieg und der fortschreitende Atomausstieg werden in naher Zukunft zu einem weiteren Rückgang von Erzeugungs-Kapazitäten führen. RWE könnte, im Zuge und als Folge dieser Marktverknappung, möglicherweise die Schwelle zur Marktbeherrschung überschreiten.“

Das heißt: Die Lage auf dem Stromerzeugungsmarkt bleibt unverändert angespannt. Dass das Bundeskartellamt gleich zwei Mal in Folge den eigentlich zweijährigen Rhythmus des Marktmachtberichts beschleunigt, zeigt deutlich, welche Sorgen die Wettbewerbshüter hinsichtlich der aktuellen Entwicklungen der Strommärkte haben – nicht zuletzt wegen des Deals von RWE und E.ON.