EU-Gericht verhandelt zweite Klage gegen E.ON-RWE-Deal

EU-Gericht verhandelt zweite Klage gegen E.ON-RWE-Deal

Das Gericht der Europäischen Union hat für den 18. und 19. April zwei mündliche Verhandlungstage für Klagen gegen den E.ON-RWE-Deal angesetzt. Elf Energieversorger hatten im Januar 2021 Nichtigkeitsklagen gegen die Freigabe der EU-Kommission zur Übernahme der RWE-Tochter innogy durch E.ON eingereicht. Die klagende naturstrom AG sieht durch die einvernehmliche Aufteilung von Einflusssphären zwischen den beiden Großkonzernen den Wettbewerb gefährdet.

„Die ausklingende Energiepreiskrise zeigt aktuell deutlich, wie wichtig ein funktionierender Wettbewerb in der Endkund:innenbelieferung ist“, sagt Dr. Kirsten Nölke, Vorständin bei naturstrom. „Viele Strom- und Gasanbieter haben zuletzt ihre Preise gesenkt, es ist spürbar Bewegung im Markt. Doch die enorme Marktmacht von E.ON lässt uns zweifeln, ob das auch langfristig so bleibt.“

In einer der größten Transaktionen der deutschen Wirtschaftsgeschichte hatten E.ON und RWE die damalige RWE-Tochter innogy zerschlagen und Geschäftsaktivitäten so untereinander getauscht, dass die Großkonzerne nicht mehr im Wettbewerb zueinander stehen. E.ON hat das Endkund:innengeschäft und den Netzbetrieb von innogy übernommen, RWE behielt das Erzeugungsgeschäft von innogy und erhielt zusätzlich die Erzeugungs-Assets von E.ON sowie eine Beteiligung am früheren Konkurrenten. Diese liegt derzeit bei rund 15 Prozent. Damit sind RWE in der Stromerzeugung und im Stromgroßhandel und E.ON im Netzbetrieb und der Kundenbelieferung die bestimmenden Akteure geworden.

Die Klagen von zehn Kommunalversorgern und naturstrom, die nun vor dem EU-Gericht verhandelt werden, richten sich gegen den Freigabebeschluss der EU-Kommission zur Übernahme der RWE-Tochter innogy und somit des Endkund:innen- und Netzgeschäfts von RWE durch E.ON (Fall M.8870).

Nach der Integration von innogy ist E.ON in rund 6.400 Stromnetzgebieten sowie in rund 2.600 Gasnetzgebieten und somit in weiten Teilen Deutschlands Grundversorger mit Marktanteilen von 70 Prozent und mehr geworden. Die neue E.ON hält ca. 9.000 Netzkonzessionen und ist an 430 kommunalen Versorgern beteiligt.

naturstrom ist einer der letzten verbliebenen unabhängigen Energieversorger aus den Anfangsjahren der Strommarktliberalisierung“, erinnert Kirsten Nölke. „Wir haben daher noch in unguter Erinnerung, wie die ehemaligen Gebietsmonopolisten neue Anbieter vielfach erfolgreich aus dem Markt gedrängt haben. Dass E.ON im Zuge des Neustarts für den Smart-Meter-Rollout beinahe der deutschlandweit einzige Auffangmessstellenbetreiber geworden wäre, zeigt, wie ernst die Lage ist.“

Bündnis #wirspielennichtmit kritisiert den Deal

Die Kritik gegen den Megadeal geht weit über die elf klagenden Energieversorger hinaus. In der Initiative #wirspielennichtmit hat sich ein breites Bündnis aus Akteuren der Energiewirtschaft, der Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammengefunden. Neben den klagenden Unternehmen naturstrom AG und Eins Energie in Sachsen gehören dazu mehr als 30 Unternehmen, Verbände, Bürgerenergiegesellschaften und Vereine, darunter Green Planet Energy, EWS Schönau, Polarstern, die Bürgerwerke, die GLS Bank, der Grüner Strom Label e.V., der Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft, der Bund der Energieverbraucher und der B.A.U.M. e. V.

Nach Abschluss der mündlichen Verhandlung wird das Gericht die Argumente beider Seiten eingehend prüfen. Mit einer kurzfristigen Urteilsverkündung ist nicht zu rechnen.