Bundeskartellamt stellt die Marktbeherrschung von RWE bei der Stromerzeugung fest

Bundeskartellamt stellt die Marktbeherrschung von RWE bei der Stromerzeugung fest

In seinem dritten Marktmachtbericht zur Stromerzeugung, den das Bundeskartellamt Mitte Februar 2022 vorgelegt hat, wird RWE eine marktbeherrschende Stellung bescheinigt. Die Marktmachtberichte waren aufgrund der zunehmenden Konzentration der Stromerzeugungskapazitäten, nicht zuletzt nach dem Deal von RWE und E.ON, aufgelegt worden. Nachdem RWE in den vorigen Jahren knapp unter der relevanten Schwelle zur Marktbeherrschung lag, wurde nun erstmal eine deutliche Überschreitung dieser Marke konstatiert. Laut Bundeskartellamt droht sich dieser Befund in den kommenden Jahren noch zu verschärfen.

RWE war laut dem dritten Marktmachtbericht im Jahr 2021 erstmals für mehr als ein Viertel der Stromerzeugung im Erst-Absatzmarkt verantwortlich. Entscheidend für die Feststellung der marktbeherrschenden Stellung war jedoch, dass die Stromnachfrage des deutschen Marktes in einer wachsenden Zahl an Stunden nicht mehr ohne die Kraftwerkskapazitäten des Energiekonzerns gedeckt werden konnte. Das Bundeskartellamt schätzt, dass dies in acht bis 16 Prozent des Jahres der Fall war – für eine Marktbeherrschung wären schon fünf Prozent ausreichend. Eine solche Konstellation bietet das Potenzial, durch strategischen Einsatz der eigenen Kapazitäten die Börsenpreise zusätzlich in die Höhe zu treiben und so wettbewerbswidrige Gewinne einzustreichen. Das Bundeskartellamt will daher künftig eine verschärfte Verhaltenskontrolle des Kraftwerkseinsatzes von RWE durchführen.

Möglich wurde diese Entwicklung überhaupt erst durch den Deal zwischen E.ON und RWE, in dessen Zuge E.ON das Netz- und Endkundengeschäft und RWE das Erzeugungsgeschäft vom jeweils anderen Unternehmen übernommen hat. Zuvor waren die beiden Großkonzerne die schärfsten wechselseitigen Konkurrenten.

RWE ist so zum deutlich größten Kraftwerkseigner und Stromerzeuger in Deutschland geworden. Die Situation droht sich durch die geplante Abschaltung von weiteren Kohle- und Atomkraftwerken in den nächsten Jahren noch zu verschärfen. Zwar ist auch RWE von diesen Abschaltungen betroffen, insgesamt stärkt die Entwicklung die Stellung des schon bisherigen Dominators weiter. Viele Wettbewerber im Energiebereich haben vor genau einer solchen Entwicklung nach dem E.ON-RWE-Deal gewarnt, die zuständigen Behörden in Berlin und Brüssel haben dennoch eine Freigabe ohne nennenswerte Auflagen erteilt. Insgesamt 11 Energieversorger verschiedener Größenklassen klagen daher vor dem Europäischen Gericht gegen die Freigabe des Deals.

Die Feststellung des Bundeskartellamtes fällt in eine ohnehin angespannte Zeit an den Energiemärkten, da explodierende Gaspreise auch die Preise an den Strombörsen stark nach oben getrieben haben. Alle Kapazitäten, die günstiger als die preissetzenden Gaskraftwerke produzieren können, konnten so erhebliche Extragewinne einstreichen. Das betrifft nicht zuletzt auch die große Flotte an fossilen und atomaren Kraftwerken von RWE. Es verwundert daher nicht, dass RWE just am Erscheinungstag des Marktmachtberichts seine Gewinnprognose um mehrere hundert Millionen Euro nach oben schraubte.

Auch in einem anderen Feld, nämlich bei der Regelenergie, sieht das Bundeskartellamt Gefahren für den Wettbewerb. Hier ist es vor allem der Anbieter EnBW, der einen Großteil des Angebots auf sich vereinigen kann. Die genaue Lage und eine mögliche marktbeherrschende Stellung will das Amt nun vertiefter prüfen. In jedem Fall ist auch dies ein Ausweis zunehmender Konzentrationsprozesse in der Energiewirtschaft.

Weitere Informationen:

Pressemitteilung des Bundeskartellamts: https://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Meldung/DE/Pressemitteilungen/2022/17_02_2022_Marktmachtbericht.html?nn=3591286

Dritter Marktmachtbericht zur Stromerzeugung: https://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Publikation/DE/Berichte/Marktmachtbericht_2021.pdf?__blob=publicationFile&v=3

Berichterstattung in der Süddeutschen Zeitung zur Veröffentlichung: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/rwe-aktie-strom-1.5531251