03 Jun Im Interview: Yvonne Zwick, B.A.U.M. e. V.
Im Interview berichtet Yvonne Zwick vom Unternehmensnetzwerk B. A. U. M. e. V. (Bundesdeutscher Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management e. V.) über ihr Engagement für die Initiative #wirspielennichtmit und warum der Megadeal zwischen RWE und E.ON eine Gefahr für die dezentrale Energiewende sein könnte.
Frau Zwick, danke, dass Sie sich Zeit nehmen. Was ist Ihnen als Vorsitzende des B.A.U.M. e.V. persönlich das wichtigste Anliegen in der heutigen Zeit?
Ganz generell gesprochen? Dass wir nicht weiter warten, bis jemand anders uns sagt, was wir tun müssen, sondern aus schierer Vernunft das Naheliegende und Sinnvolle einfach tun. Wir reden nicht umsonst von der Dekade des Handelns, die angebrochen ist, wollen wir die Ziele der 2030 Agenda erreichen. Die zunehmend polarisierte gesellschaftliche Debatte und die ökologischen Kipppunkte, die wir nachrichtlich zur Kenntnis nehmen, sollten uns zu zügigem, klugen Handeln motivieren.
Was genau ist Ihrer Meinung nach das Problem bei dem Megadeal zwischen RWE und E.ON, bei dem die beiden Energieriesen den Wettbewerb untereinander eingestellt und Geschäftsfelder getauscht haben?
Es wurde damit eine monopolhafte Situation geschaffen, in der die beiden Anbieter den Markt dominieren können. Monopole sind niemals gut für den Wettbewerb. Punkt. Dezentrale Netze, die kleinen Energieversorger, Bürgerstiftungen und Stadtwerke treiben die Energiewende voran. Sie sollten gestärkt werden, sie verdienen Fairness – pardon, RWE und E.ON, bei aller Sympathie für einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich auch in Ihren Reihen für Nachhaltigkeitsmanagement in Ihren Häusern einsetzen.
Mit der Initiative #wirspielennichtmit hat sich ein breites Bündnis für fairen Wettbewerb auf dem Energiemarkt gebildet, das auch vom B.A.U.M. e.V. unterstützt wird. Was braucht es jetzt, um die bisherige Vielfalt bei der Energieversorgung zu sichern und eine schädliche Marktkonzentration aufzuhalten?
Mein Blick geht immer in die Berichte der Unternehmen – RWE und E.ON waren mal aktive Berichterstatter zum Deutschen Nachhaltigkeitskodex, sogar der ersten Jahre (vgl. Unternehmensprofil RWE und E.ON in der DNK-Datenbank). In der Zwischenzeit haben sie sich von der Anwendung dieses Berichtsstandards verabschiedet, der vergleichbare Informationen in einer öffentlichen Infrastruktur zugänglich macht, während dezentrale Energieversorger dazu gekommen sind. Meines Wissens sind sie nicht zur Gemeinwohlbilanz übergegangen. Wir brauchen mehr Transparenz darüber, was die Beiträge jedes einzelnen Players zur Energiewende sind. Gunther Kegel, Präsident des ZVEI hat kürzlich in einem Interview gesagt, wir brauchen 300 bis 400 Prozent mehr Erneuerbare Energien. Wir müssen den Ausbau in Deutschland und Europa massiv vorantreiben. Dazu ist auch erforderlich, Kontra-Incentivierung für die Langsamsten zu beseitigen. Ich fordere, dass die Entschädigungszahlungen für Kraftwerksbetreiber:innen auf den Prüfstand genommen werden. Struktur- und Anpassungshilfen für Transformationssektoren und -regionen dagegen, sollten vorgezogen werden, damit es keine verlangsamenden Momente im Zuge der Bundestagswahl gibt. Die Bundesregierung hat voraussichtlich am 23. Juni ein Sofortprogramm zum Erreichen der verschärften Klimaziele im Bundeskabinett auf der Tagesordnung stehen. Das ist eine prima letzte Gelegenheit, in diesem Jahr das Vernünftige und Richtige zu tun.
Sie plädieren immer wieder für die dezentrale Energiewende – was sind die Vorteile dezentraler Strukturen gegenüber wenigen großen Playern?
Der Markt ist in sich demokratisch. Riesenprojekte wie die Energiewende stoßen auf Skepsis, wenn sie nicht in den Regionen mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort entwickelt werden. Unternehmen mit Sitz in der Region und regionale Entwicklungs- und Investitionsprojekte gehen in den Dialog vor Ort. Sie gestalten konstruktive Dialoge und erarbeiten tragfähige Lösungen in einem ausbalancierten Kosten-Nutzen-Verhältnis. Die Energiewende überzeugt da, wo sie mehr Arbeitsplätze schafft, als sie vernichtet, und wo sie mehr Nutzen stiftet als Schaden anrichtet. Es ist schlichtweg der Königsweg zu einer regenerativen, in allen Dimensionen gewinnbringenden Wirtschaftsweise.